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Insulin zum Leben

Insulin ist teuer. Teststreifen sind teuer. Alles ist teuer, was wir als Typ 1er tagtäglich brauchen, um unseren Blutzucker im Zaum zu halten – um zu überleben. Wir sollten dankbar sein dafür, dass wir an einem Ort leben, an dem unsere Versorgung mit all diesen Utensilien sichergestellt ist. Nicht überall ist das so.

Aktuell strömen viele Menschen auf der Hoffnung nach Sicherheit nach Europa. Rein statistisch müssten da eine Menge Diabetiker darunter sein. Wer kümmert sich um sie? Wie wird die nötige Versorgung sichergestellt – oder noch wichtiger – werden überhaupt Diagnosen gestellt? Hier in Kiel bin ich schon einer Menge Flüchtlingen begegnet. Freundlichen Menschen, denen ich den Weg zur Unterkunft erklärt habe. Ich habe gespendet, und verfolge die lokalen Initiativen mit großem Interesse. Ich kenne die Geschichten meiner Großeltern, die selbst einmal auf der Flucht waren und hier Sicherheit fanden.

Vor kurzem ist jemand in meiner Familie gestorben – eine Person, die Typ 2 Diabetes hatte. Die letzten Einmalpens aus ihrem Insulinvorrat habe ich gespendet. Die Einrichtung, die sich speziell um die Annahme und Verteilung von Diabetesutensilien kümmert, heißt Insulin zum Leben. Falls ihr zufällig auch mal Vorräte übrig habt, die ihr nicht mehr benötigt (und hoffentlich aus einem besseren Anlass als jetzt der meine…), dann überlegt doch auch, das einem guten Zweck zukommen zu lassen. Bedenkt aber, dass die Mittel noch ausreichend haltbar sein sollten (mindestens 4 Monate), und beim Versand von Insulin sollten zudem die Temperaturen beachtet werden.

insulinzumleben

Wenn ihr auch spenden mögt, dann findet ihr hier alle Informationen. Und wenn ihr speziell Menschen, die auf der Flucht sind, helfen wollt, findet ihr in eurer Kommune sicher die nötigen Informationen. Für Kiel sieht diese Seite z.B. so aus.

thumbs up

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Extrembedingungen: Insulin vs. Hitze

„Temperaturen um die 35°C, die gefühlte Temperatur beträgt ca. 43°C“ – kein Witz, das war die Wettervorhersage für Taipei, Taiwan unmittelbar vor meiner Reise dorthin. Und nicht nur das: Auch die Luftfeuchtigkeit dort ist extrem. Ich habe mit Sicherheit einige der heißesten Tage meines Lebens dort erlebt. Während unseres Fieldtrips entlang der Westküste war es so extrem, dass man beim Heraustreten aus dem Bus quasi instant durchgeschwitzt war. Ganz nebenbei muss ich hier die taiwanesische Menthalität loben, denn dort bekommt man überall Wasser angeboten. Vor allem ist es auch allgemeiner Standard auf Hotelzimmern, dass man dort gratis Wasserflaschen zum Mitnehmen erhält (so ganz nebenbei: Ich schreibe dies auf meinem Hotelzimmer auf den Azoren, wo ich für eine 0,2l Flasche Wasser 2,50€ zahlen soll). Nicht ganz so extrem, aber trotzdem ungewohnt war es dann schließlich auf dem Forschungsschiff: Die Temperatur fiel nachts gerade mal auf 27°C. Das Schiff selbst war natürlich klimatisiert.

Eine ernste Frage musste ich mir im Vorfeld stellen: Wie transportiere ich sinnvoll und vor allem sicher und temperaturgeschützt meinen Insulinvorrat für die kommenden fünf Wochen bei diesen Extremsituationen? Ein Kühlakku kam nicht in Frage, weil zum einen dessen Kühlleistung nicht für die Dauer eines Tages gereicht hätte. Zum anderen konnte ich mich nicht darauf verlassen, dass jede Unterkunft einen Kühlschrank hat (auf zweien hatte ich tatsächlich keinen).

Links die Vorratstasche, rechts die etwas kleinere für den Boluspen

Links die Vorratstasche, rechts die etwas kleinere für den Boluspen

Die Lösung, auf die ich dann setzte, waren die Frio-Taschen. Diese werden einfach für ein paar Minuten in Wasser gelegt, wobei sich die enthaltenen Kristalle mit Wasser vollsaugen und eine gelartige Struktur annehmen. Der Kühleffekt auf das eingesteckte Insulin wird durch den einfachen Verdunstungseffekt erzielt. Richtig kalt wird es im Übrigen aber nicht – aber der Inhalt wird eben vor der Hitze geschützt, und das reicht ja schon aus. Eine große Friotasche beinhaltete meine Insulinreserve und den Basalpen, und wurde in meiner Diabag verstaut. Mein Boluspen landete in einer kleinen Frio-Bag (streng genommen ist es gar keine Frio-Tasche, sondern ein Werbegeschenk von Bayer – die aber auf demselben Prinzip basiert), die ich zusammen mit meinem Blutzuckermessgerät greifbarer im Rucksack verstaute.

Je nach Umgebung halten die Friotaschen ein paar Tage durch – ich habe sie während des Fieldtrips jeden Tag aufgefrischt. Man kann auch ganz gut ertasten, in welchem Zustand sich die Frio-Taschen gerade befinden. Von der Haltbarkeit bin ich zumindest beim Werbegeschenk von Bayer nicht überzeugt, die löst sich nämlich schon in ihre Bestandteile auf.

Leider sind die Friotaschen nicht sehr günstig, aber für solche Anwendungsfälle definitiv eine lohnenswerte Investition!

Frio-Kühltasche auf Amazon

Energy or Diabetic?

Zur Zeit befinde ich mich mal wieder auf Reisen – bzw. kurz vor einer weiteren Fahrt auf einem Forschungsschiff. Ich bin in Taiwan, besuchte hier in der vergangenen Woche eine Konferenz, und genieße nun den letzten Tag im Hotel. Morgen werden wir zum Schiff gefahren, für mich auch das erste mal auf einem internationalen, nicht-deutschen Forschungsschiff. Es ist die Ocean Researcher V aus Taiwan. Eigentlich ist es das vierte Forschungsschiff, aber weil die Vier hier eine Unglückszahl ist, hat man direkt die Fünf genommen. In den Gebäuden gibt es hier z.B. auch nie einen vierten Stock.

Auf meinem Flug hierher über Frankfurt und Hong Kong machte ich eine interessante Erfahrung: Auf dem Transit in Hong Kong musste ich natürlich durch eine erneute Personen- und Handgepäckkontrolle. Meine Diabag holte ich wie immer aus dem Rucksack und schickte sie separat durch den Röntgenscanner – doch dieses Mal wurde ich im Anschluss von einem der Kontrolleure zur Seite gebeten. Ohne in die Tasche hineingeschaut zu haben fragte er mich, ob und wieviele Ampullen Insulin ich dabei hätte. Überrascht musste ich kurz überlegen, sagte dann „10“ (In Wirklichkeit waren es 13, ich vergaß die angebrochenen Ampullen in den Pens mitzuzählen), und er notierte sich das. Die zweite Frage verdatterte mich jedoch: „Energy or Diabetic?“ Ich bejahte natürlich sofort „Diabetic“, und auch die Frage nach einer gültigen Bescheinigung bejahte ich (musste diese aber nicht vorzeigen).

Energy? Spontan musste ich an diesen Blogpost von Steff denken – vielleicht ist es hierzulande ja auch Gang und Gäbe, sich zusätzlich mit Insulin aufzuputschen? Keine Ahnung. Vielleicht war es auch eine Fangfrage, und bei „Energy“ wäre ich dann wie Jack Bauer auf Jahre in ein chinesisches Arbeitslager verfrachtet worden.

Wie dem auch sei, die Kontrolleure waren sehr freundlich, und ich pilgerte weiter zu meinem Gate – im wahrsten Sinne des Wortes, denn der Airport Hong Kong ist wirklich gigantisch. Als ich schließlich angekommen war, und auch direkt zum Boarding gebeten wurde, legte ich wie immer meine Bordkarte auf den Scanner. Doch der Barcode wurde anscheinend markiert, den der Scanner leuchtete rot, und ich wurde erneut zur Seite gebeten. Eine Stewardess flüsterte mir in schlechtem Englisch zu, dass ich doch bitte der Cabin Crew Bescheid geben möge, wenn ich mir eine Nadel verpasste („set a needle“ im originalen Wortlaut). Anscheinend war also die Information, dass ich Diabetiker sei, an der Gepäckkontrolle direkt ins System eingetragen worden.

Soso. Haben die etwa Angst, dass ich nicht genug Übung darin hätte, mir eine Dosis Insulin zu verpassen? Nein, vermutlich aus rein pragmatischen Gründen – schon auf dem vorigen Langstreckenflug war mir aufgefallen, dass auf der Flugzeugtoilette ein spezieller Abfallbehälter für Injektionsnadeln vorhanden war. Wahrscheinlich haben sie einfach Angst, dass ich die gebrauchten Nadeln nicht ordnungsgemäß entsorgen könnte. Also alles ganz harmlos, dennoch eine interessante Erfahrung. Spannend, was einem auf Reisen alles so passieren kann.

Pennadeln entsorgen

Ich muss zugeben: Ich habe mir schon mehr als einmal eine Pennadel beim Nadelwechsel unabsichtlich in den Finger gejagt. Ich würde sagen, die Quote liegt so bei einem Prozent. Meist passiert das auch gar nicht mit dem Teil der Nadel, den wir uns ohnehin in den Bauchspeck rammen, sondern mit dem inneren Teil, der normalerweise den Kontakt zur Insulinampulle herstellt (da gibts bestimmt einen Fachbegriff für – wer’s weiß, rein damit in die Kommentare!).

Zuhause habe ich so eine richtige Entsorgungsbox von Klinion, die ich gratis beim vierteljährlichen Großeinkauf dazu bekomme. Wenn ich auf Ausfahrt gehe, nehme ich so ein Ding auch mit, und entsorge es dann, wenn ich von Bord gehe. Unterwegs oder auch im Büro wandern die benutzten Nadeln aber direkt in den Müll. Dabei setze ich die äußere Kappe der frischen Nadel auf die gebrauchte wieder auf, und biege mit der kleinen Kappe die Innennadel zur Seite. So kann dann hoffentlich nicht versehentlich durch eine offene Nadel im Müll die Mülltüte kaputt gehen, oder sich jemand (aus welchen Gründen auch immer) schneiden.

Im Urlaub habe ich auch schon einfach mal eine leere PET-Flasche als Nadelcontainer benutzt (Tipp: Etikett abreißen, dann interessiert sich auch kein Pfandsammler für die Flasche).

Wie handhabt ihr das so? Bei den Stechlanzetten hat sich dieses Problem bei mir automatisch mit dem Umstieg auf die Accu-Chek Fastclix erledigt, bei der man eh nie eine offene Lanzette zu sehen bekommt.

via imgur

So gehts natürlich auch (via imgur)

sudden changes

Es ist mal wieder so weit: Zum zweiten Male beobachte ich bei mir rapide Änderungen des Insulinbedarfes. Binnen einer Woche haben sich meine BE-Faktoren erhöht (von 1,5-1-1 auf 2-1-1,5). Das geht so rasant und plötzlich, dass ich wie beim letzten Male im November schon dachte, dass mein Insulin an Wirkung verloren hat. Ist die aktuelle Ampulle zu warm geworden? Die letzten Wochen hatten wir ja doch zeitweilig prächtiges Wetter. Das konnte ich mit meinem zweiten Pen, der normalerweise nur im Büro liegt, aber ausschließen.

Ich führe das mal zurück auf die nun doch deutlich schwächere Remission, die ich bis dato sehr genossen habe. Wie habt ihr den Rückgang eurer Remission erlebt? Auch wie ich, in Schüben? Große Schwankungen hatte ich bisher keine – die Remission kam recht plötzlich, und geht nun anscheinend schrittweise wieder zurück. Oder kann ich vielleicht sogar damit rechnen, dass die Remission auch wieder stärker wird?

Schwieriger als die BE-Faktoren finde ich jedoch die Änderungen an der Basalrate. Für die Nacht habe ich mit 10 IE eine stabile Versorgung gefunden, ob die für den Tag jedoch noch stimmt, das kann ich wohl nur mit einem Basalratentest verifizieren. Ihr wisst ja, dieser Test, den wir Typ 1er alle so sehr lieben ;)

Remember InsulCheck

Es war Wochenende, ich habe natürlich etwas länger geschlafen als sonst. Blutzucker gemessen, ab ins Bad. Aber halt. Fehlt da nicht was? Habe ich mir das Basal schon gespritzt? Doch. Nein? Hmm. Eingetragen hatte ich die nötigen Einheiten schon, aber das Spritzen hatte ich tatsächlich vergessen. Also schnell nachgeholt. Oder hatte ich doch schon gespritzt?

Viele Diabetiker, die sich ihr Insulin mit dem Pen verabreichen, kennen die Situation ganz bestimmt.

In meinem Falle hilft da schon der Blick auf die Nadel des Pens. Levemir, welches als mein Basalinsulin fungiert, hat nämlich eine Eigenschaft: Es kristallisiert aus, direkt an der Nadel. Daher muss ich die Nadel tatsächlich jedes Mal wechseln, wenn ich mir Basal spritze. Ansonsten kommt einfach kein Insulin durch.

Trotzdem, so etwas passiert einfach. Gerade, wenn das Insulinspritzen zum Alltag geworden ist. Und das kann ganz schön anstrengend sein. Schon im Krankenhaus erzählte man mir, dass es durchaus intelligente Pens gibt. Aber auch gerade bei vielen Insulinpens gilt das klassische Prinzip: Wenn du Pen X verwendest, musst du auch Insulin X verwenden. Novo Nordisk bindet so seine Pens an das hauseigene Insulin.

Ein intelligenter Pen, der mir bei der Recherche ins Auge gefallen ist, ist der Pendiq. Dieser Pen besitzt ein Display und kann somit Uhrzeiten speichern, verabreichte Insulinmengen anzeigen, mit dem PC ausgelesen werden, und verfügt über eine Alarmfunktion. Da er inkompatibel mit den Patronen von Novo Nordisk ist, kann ich ihn leider nicht verwenden, sonst würde ich mir den Pendiq durchaus mal näher ansehen.

Einen anderen Weg geht InsulCheck. Dies ist ein kleines Gerät, welches an den Pen angebracht wird. Es besitzt ein LC-Display, auf dem die Zeit seit der letzten Insulinabgabe dargestellt wird. Wenn man sich eine neue Dosis verpasst, wird der Timer auf 00:00 zurückgesetzt. Und das auch noch ohne zusätzlichen Knopfdruck, da das Gerät auf den Auslöser des Pens reagiert. Das Insulchek gibt es für verschiedene Pens, da jedes Modell eine individuelle Halterung benötigt. Diese gibt man bei der Bestellung mit an. Ich verwende den NovoPen 4, und die Halterung sitzt wirklich bombenfest, ohne die Funktion in irgend einer Weise einzuschränken. Das einzige Problem ist vielleicht, dass der Timer nur funktioniert, wenn der Auslöser des Pens nach der Injektion gedrückt bleibt – manchmal springt er nämlich auch in seine Ausgangsposition zurück. Da muss man ein bisschen aufpassen. Das ist aber auch der Grund, weshalb ich das Insulchek nur für den Pen mit dem Basalinsulin empfehlen kann, weil der ja meistens nur zuhause rum liegt. Den Boluspen habe ich immer dabei, wenn ich unterwegs bin, und da springt der Auslöser häufig wieder in die Ausgangsposition zurück, was das InsulCheck unnütz machen würde.

Auch muss man aufpassen, weil das InsulCheck bei einigen Pens nur bei einer Mindestanzahl an Insulineinheiten funktioniert. Dies ist wohl der individuellen Mechanik der einzelnen Pens geschuldet. Da man das Basal aber meistens ohnehin mit mehr als drei Einheiten Insulin verabreicht (so ist jedenfalls meine Beobachtung), dürfte das kein Problem sein.

So wird das Gerät geliefert - Timer und Halterung für den gewünschten Pen

So wird das Gerät geliefert – Timer und Halterung für den gewünschten Pen

Rasch ist der InsulCheck am Pen installiert und einsatzbereit

Rasch ist der InsulCheck am Pen installiert und einsatzbereit

Das InsulCheck funktioniert derzeit mit diversen Pens von Sanofi Aventis, Novo Nordisk und Lilly. Eine Übersicht gibt es hier. Eine unbedingte Empfehlung spreche ich nicht aus, ich habe das Teil auch eher aus Neugier geordert. Aber für die ein oder anderen ist es sicherlich mal einen Blick wert (falls ihr ähnlich schusselig seid wie ich. Ähem.)

Fünf Komma Acht

Ja! Der gestern gemessene HbA1c liegt bei 5,8%! Das hätte ich nicht für möglich gehalten, und das war auch überhaupt nicht mein Ziel. Aber genau das wurde bei der Routineuntersuchung festgestellt. Vor zwei Monaten lag dieser Wert noch bei 7,6%, das war zwei Wochen nach der Diagnose (8,4%).

Was bedeutet dies? Der HbA1c wird streng genommen auch als Langzeit-Blutzucker, oder das Blutzuckergedächtnis bezeichnet. Meine Diabetologin erklärte mir, dass er davon abhängt, wieviel „Zucker“ sich an die roten Blutkörperchen geheftet hat. Da diese eine Lebensdauer von 8-12 Wochen haben, kann aus dem Wert eben der Langzeit-Zucker bestimmt werden. Je höher im Schnitt die Blutzuckerwerte der letzten Wochen waren, desto höher ist eben auch die HbA1c.

Der HbA1c wird einmal im Quartal gemessen. Beim gesunden Menschen liegt er im Schnitt zwischen 4-6%, wir Diabetiker streben in jedem Falle einen Wert unter 7-8% an. Da es eben ein Durchschnittswert ist, kann man ungefähre Erwartungen anstellen. Der Wert von 5,8% sagt in meinem Falle aus, dass mein durchschnittlicher Zuckerwert in den letzten Wochen unter 110 mg/dl lag. Stimmt das? Denn egal, wie viele Messungen ich am Tag mache, es sind ja immer nur Stichproben. Eine einzelne Messung zeigt mir zum Beispiel nicht an, ob ich einen Trend nach oben oder unten habe. In den ersten zwei Stunden nach einer Hauptmahlzeit soll ich auch gar nicht messen, da der Wert dann immer/meistens erhöht ist (es sei denn, ich muss Auto fahren). Ein durchschnittlicher Zuckerwert von 110 mg/dl bedeutet also auch, dass ich häufiger deutlich darunter gelegen haben muss. Mit ein Grund, warum HbA1c Werte von unter 6% von meiner Diabetologin auch gar nicht so gerne gesehen sind (Ausnahme: Schwangerschaft). In meinem Falle kommt es sogar hin. Zur Zeit befinde ich mich eindeutig in der Remissionsphase, weshalb ich eine Weile tatsächlich stärker mit Unterzuckerungen (d.h. bei mir Werte zwischen 50 und 70 mg/dl, darunter war ich noch nicht) zu kämpfen hatte. Entsprechend musste ich mit den Bolusfaktoren und der Basalmenge auch immer weiter heruntergehen, und soll zur Zeit auch wieder eine Messung in der Nacht durchführen.

Dass der HbA1c nun auch nicht alles ist, und die Werte durchaus auch von der Theorie abweichen können, das beschreibt Ilka in diesem interessanten Blogeintrag sehr gut. Ein guter Anhaltspunkt ist er aber dennoch. Mir sagt der Wert von 8,44%, den ich bei der Diagnose hatte, dass mein Diabetes wirklich quasi von heute auf morgen ausgebrochen ist, und zeitig korrekt diagnostiziert und behandelt wurde.

Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass der Fokus auf den HbA1c im Laufe meiner Diabetes-Karriere immer mehr zugunsten der nackten BLutzuckerwerte abgelöst wird. Darum suche ich auch weiter nach optimalen digitalen Tagebüchern samt aussagekräftigen Statistiken. Standardabweichungen etc. – wer da Tipps hat, bitte immer her damit! Insbesondere als Mac-User ist da die Auswahl schon eingeschränkt. Mit einer reinen Tabellenkalkulation möchte ich nicht anfangen – das ist einfach zu zeitaufwändig, da ich abends immer die Tageswerte nachtragen müsste, auch wenn ich hier die besten individuellen Statistiken berechnen könnte.

Honeymoon

Viele (Alle?) Typ 1 Diabetiker fallen über kurz oder lang nach der Diagnose und Insulinbehandlung in die sogenannte Remissionsphase. Im englischen Sprachgebrauch wird diese auch als Honeymoon-period bezeichnet, was irgendwie einen witzig-makaberen Touch hat. Die Remissionsphase bedeutet einfach dargestellt, dass sich die Bauchspeicheldrüse noch einmal aufbäumt und mehr Insulin produziert. Aufhalten lässt sich der Prozess, dass der Körper weiterhin die Betazellen zerstört, jedoch weiterhin nicht.

In diese Remissionsphase scheine ich nun gerade voll reinzulaufen. Seit etwa zwei Wochen ist mein Insulinbedarf rapide in den Keller gegangen. Sowohl morgens als auch abends ist mein Insulinfaktor von ursprünglich 3 (bzw. 2) auf eine Einheit Insulin pro Broteinheit reduziert worden, und auch meine Dosis Basalinsulin ist deutlich kleiner als zu Beginn. Ich messe häufiger als noch vor zwei Wochen, weil ich sehr oft Werte unter 80 mg/dl habe, und runde BE-Abschätzungen eher ab als auf.

Wie lange diese Phase anhält? Da bin ich gespannt. In der Literatur ist oft von 1-6 Monaten die Rede, in Foren sind einige der Meinung, diese Phase könnte auch Jahre anhalten und durch Ernährung positiv beeinflusst werden. Je älter die Person zum Zeitpunkt der Diagnose war, desto länger soll auch die Remission dauern. Auch bin ich gespannt, was passiert, wenn die Phase zu Ende geht. Steigt mein Insulinbedarf plötzlich oder eher langsam wieder an? Ist er danach höher als vorher?

Ich halte meine Blutzuckermessstreifen jedenfalls bereit.

Werte schätzen

Ein neues Hobby? Wird sich wohl nicht vermeiden lassen. Die ständige Frage vor jeder Messung – habe ich die letzte Mahlzeit richtig eingeschätzt? Obwohl ich in Absprache mit meiner Ärztin den morgendlichen Insulinfaktor von 3 auf 2 pro Broteinheit reduziert habe, ist mein Wert zur Mittagszeit tendenziell zu niedrig. Vielleicht ist die Basalmenge immer noch zu hoch. Auch das werde ich in den nächsten Wochen austesten.

Im tatsächlichen Schätzen meiner Blutzuckerwerte bin ich sehr schlecht. 5 Sekunden braucht das Messgerät, um den Blutzucker zu bestimmen, nachdem der rote Tropfen die Kapillare hochgeklettert ist. 70? 120? 160? Manchmal bin ich überrascht, manchmal zufrieden, manchmal stolz, nie verärgert. 120 ist der optimale Wert, da mein Zielbereich derzeit bei 100 – 140 mg/dL liegt.

Auch wenn jede Messung nur eine Momentaufnahme ist und sich Tendenzen nur bei engmaschigeren Messabständen ablesen lassen – sie geben immer ein gutes Gefühl. Und zur Routine sind diese Messungen eh schon längst geworden.

Drop

Vor Nadeln oder Spritzen darf man als Diabetiker keine Angst haben. Ich habe mir nie zuvor selbst eine Spritze verabreicht – habe nun damit aber auch keine Probleme. Die Nadeln des Insulinpens sind dermaßen dünn, dass man den Stich nur merkt, wenn man tatsächlich einen Nerv trifft.

Keine Angst vor Nadeln – diese Message soll auch das von mir gewählte Titelbild für diesen Blog ausdrücken. Neugier – Makroaufnahmen sind spannend. Und mein Leben hängt an dem Zeug, welches ich mir durch die Kanüle verabreiche.

Das Bild wurde mir freundlicherweise von Iuri Pohl zur Verfügung gestellt. Weitere spannende Fotos von ihm findet ihr auf seinem Flickr Fotostream.